"Friedliche Revolution" 1989/90 - Eine andere DDR oder Anschluss?

Gemeinsam mit dem Verein für Politik- und Sozialgeschichte M-V

Das Ende der DDR ist immer noch gut für politischen und wissenschaftlichen Streit. Wollten die DDR-Bürger eine Erneuerung ihres Staates oder die deutsche Einheit?  In kurzer Zeit entlud sich in der DDR eine tiefe politische Krise. Es entwickelte sich eine kurzlebige, aber radikal wirkende Landschaft von Bürgerbewegungen, die endlich gesellschaftlichen Dialog und demokratische Verhältnisse wollten. Gleichzeitig löste sich die monolithische SED auf und Reformer traten für einen modernen, demokratischen Sozialismus an. Der Umschlag vom "Wir sind das Volk!" zum "Wir sind ein Volk!" veränderte das Land und die Menschen innerhalb von Wochen und Monaten. Eingebettet sind die Ereignisse in der DDR in eine intensive Wechselbeziehung mit der Bundesrepublik und  einem den gesamten Ostblock erfassenden Umbruchsprozess, der zur faktischen Kapitulation Moskaus im Kalten Krieg führte. Das letzte Jahr der DDR verweist im Reformversuch 1989/90 auf Möglichkeiten und Grenzen einer basisdemokratischen Erneuerung eines Gesellschaftswesens durch Runde Tische und Bürgerbewegungen.  Es wirft die Fragen, auf welche Resultate der  aktive Vereinnahmungsprozess durch die bundesdeutsche Politik und Wirtschaft zeitigte, welche Folgen der Umbruch 1989/90  zwei Jahrzehnte danach für die politische Landschaft in Deutschland hat.

Stefan Bollinger, Jg. 1954, studierte Philosophie und Geschichte an der Humboldt-Universität in Berlin/DDR. 1986 habilitierte er sich zum Thema der Neuen Sozialen Bewegungen. Nach dem Anschluss an die Bundesrepublik ist er einer der Mitorganisatoren einer Zweiten Wissenschaftskultur in Ostdeutschland und arbeitet zu linken Alternativen in Geschichte und Zukunft. Mitglied der Leibniz-Sozietät. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Zeitgeschichte, u.a.: „1968 – die unverstandene Weichenstellung“, „Das letzte Jahr der DDR - Zwischen Revolution und Selbstaufgabe“ (Hrsg.)