Glaube und Marxismus

Eine der stärksten Formen der Ideologie ist der Glauben. Er hat als
religiöser Glauben eine große weltgeschichtliche Rolle gespielt und
spielt sie noch heute. Der Marxismus ist als Weltanschauung wie als
soziale Bewegung mit dem Vorwurf der Quasi-Religion konfrontiert.
Andererseits wird er als Szientismus gegeißelt, für den Kategorien wie
Glauben und Hoffnung nicht bestünden und der als wissenschaftliche
Weltanschauung alle Probleme für gelöst hielte. Indem sich der
Vortragende mit diesen Problemstellungen auseinander setzt, vertritt er
die Auffassung, dass ein marxistischer Glauben rational sein muss und
die Brücken zum Wissen nicht abbrechen darf. Glauben hat dort seinen
Platz, wo es (noch) kein sicheres Wissen gibt. Er füllt gewissermaßen
eine Lücke und ermöglicht so in vielen Fällen erst das Handeln.
Marxismus umfaßt also auch Wertungen, Appelle sowie Forderungen, und
Marxist zu sein, ist nicht nur die Wahl einer Theorie, sondern auch die
Wahl einer Haltung.
Zur Person:
Uwe-Jens Heuer, Prof. Dr. jur. habil., Jahrgang 1927, Studium der
Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität in Berlin,  dort Doz. für
deutsche Staats- und Rechtsgeschichte, 1965  Prof. für
Wirtschaftsrecht,  ab 1982 Akademie der Wissenschaften der DDR, Institut
für Staats- und Rechtstheorie, 1990 Mitglied der Volkskammer der DDR und
dann bis 1998 des Deutschen Bundestages, 1995 maßgebliches
Gründungsmitglied des Marxistischen Forums der PDS, heute der
Linkspartei. Buchpublikationen u.a.: Demokratie und Recht im Neuen
Ökonomischen System, Berlin 1965; Marxismus und Demokratie, Berlin u.
Baden-Baden 1989; Im Streit Ein Jurist in zwei deutschen Staaten,
Baden-Baden 2002; Marxismus und Politik, Hamburg 2004; Marxismus und
Glauben, Hamburg 2006