Nachricht | Sitzung vom 3.7.2023

Die Zeug*innenbefragungen des 2. NSU/Rechter Terror Untersuchungsausschusses wurden für die Öffentlichkeit in einen anderen Raum übertragen, um die Identität der Vernommenen zu schützen.

Beim ersten Zeugen handelte es sich um einen ehemaligen Vertrauenspersonen-Führer der KPI Rostock. Er wurde bereits im 1. NSU-Untersuchungsausschuss Mecklenburg-Vorpommern gehört [https://www.nsu-watch.info/2020/12/dass-die-ausgabe-in-mecklenburg-vorpommern-nicht-vorlag-hoere-ich-zum-ersten-mal-die-sitzung-des-nsu-untersuchungsausschusses-mecklenburg-vorpommern-vom-4-dezember-2020/]. Zu dieser Aussage fügte er nicht viel hinzu. Er sagte aus, dass er nach der Selbstenttarnung des NSU drei Hinweise von einer seiner Vertrauenspersonen zu diesem Thema bekommen habe. Eine davon habe sich auf eine Lichtbildvorlage bezogen. Was die konkreten Hinweise waren, ist weiterhin eingestuft, darf also in öffentlicher Sitzung nicht verhandelt werden. Der Zeuge war nicht für Staatsschutz-Angelegenheiten zuständig. Wenn er Informationen aus diesem Bereich erhielt, musste er sie weiterleiten. Er hatte die Anweisung, seine Vertrauenspersonen nur nach ausdrücklicher Anweisung des Staatsschutzes zu diesen Themen zu befragen. Zu den Hinweisen nach der Selbstenttarnung sagte der Zeuge bereits in der letzten Sitzung aus, dass er dazu einen Anruf aus dem BKA erhalten habe, dass keine weiteren Maßnahmen dazu notwendig seien. Dies bestätigte er in der aktuellen Aussage. Der Zeuge befragte direkt nach dem Mord an Mehmet Turgut 2004 seine Vertrauenspersonen zu dem Thema. Er habe dabei keine Hinweise auf organisierte Kriminalität erhalten. Das hatte er insbesondere in seiner ersten Befragung bekräftigt, dazu wurde am 3. Juli nicht noch einmal ausführlicher gefragt.

Die zweite Zeugin ist bei der Abteilung für Verfassungsschutz im Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt. Sie wurde geladen, weil sie 1997-2000 zum NPD-Rechtsanwalt Dr. Hans Günter Eisenecker gerarbeitet hat. Mit diesem hatten sich 1999 die NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben und Carsten Schultze getroffen, da er Beate Zschäpe bei einer wohl geplanten Stellung vertreten sollte. Zu ihrer Aufgabe sagte die Zeugin, sie sei in der Auswertung tätig gewesen und habe rechtsextreme Parteien bearbeitet. Sie habe Quellenberichte, die von der Beschaffung kamen, gesichtet und bearbeitet und in das Datensystem eingepflegt. Sie habe dazu Vermerke und Wochenberichte geschrieben. Von Anfang 1998 bis 2000 sei sie allerdings krank geschrieben gewesen. Zu Eisenecker sagte die Zeugin, er sei 1998 stellvertretender NPD-Landesvorsitzender gewesen und sei im gleichen Jahr auf dem Parteitag auch zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt worden. Er sei 1998 sehr aktiv im Wahlkampf gewesen und deswegen auch auf verschiedenen Veranstaltungen der NPD gewesen. Er habe sich um die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern gekümmert und um alles, was mit der Organisation der Wahl zu tun gehabt habe. Zu seinen juristischen Tätigkeiten habe sie keine Erkenntnisse, sagte die Zeugin. Zu Kontakten zum Thüringer Heimatschutz konnte sie ebenso nichts sagen.

Insgesamt wurde bei der Befragung erneut die damalige starke Arbeitstrennung innerhalb des Verfassungsschutzes deutlich, die dazu führt, das Zeug*innen heute kein komplettes Bild zu einer Person oder einem Phänomen der rechten Szene zeichnen können. Verschiedene Bereiche wie Partei, Kameradschaften und Musikszene gehen in der rechten Szene ineinander über, wodurch die Geheimdienstpraxis nur wenig mit der neonazistischen Realität in Einklang zu bringen war.