Nachricht | Sitzung vom 26.6.2023

Die Zeugenbefragung im 2. NSU/Rechter Terror-Untersuchungsausschuss Mecklenburg-Vorpommern gab am 26. Juni 2023 Einblicke in die rechte Konzertszene in Mecklenburg-Vorpommern in den 90ern und 2000ern und in die polizeiliche Sicht darauf. Erster Zeuge war Uwe Gr., der von 1996 bis 2020 beim Staatsschutz des LKA Mecklenburg-Vorpommern unter anderem für die Auswertung von rechter Musik und rechten Konzerten zuständig war. Er hörte die Musik, war auf Konzerten anwesend und recherchierte im rechten Versandhandel. Sein Fokus richtete sich dabei auf strafrechtliche Inhalte.

Der Zeuge stellte dar, dass seit 1996 rechte Konzerte in Klein Bünzow in der Gaststätte "Zur Linde" stattfanden. Dort veranstaltete unter anderem die Blood&Honour Sektion Berlin große Konzerte mit bis zu 700 Leuten. Die Gaststätte wurde dann wegen Baumängeln geschlossen. 1999 sei den Behörden dann bekannt geworden, dass in Salchow rechte Konzerte stattfinden. Besitzer Alexander We. bezeichne das Grundstück als "nationales Wohnprojekt". 2004 fand dort eine Durchsuchung statt, bei der Gr. auch anwesend war. [Hintergründe: https://antifainfoblatt.de/artikel/wie-unbekannt-war-der-nsu] Der Grund für die Durchsuchung war laut dem Zeugen eine Information zu einem im Eingangsbereich der Konzertscheune in den Boden eingelassenes Hakenkreuz. Durch die Konzerte sei dieses öffentlich sichtbar gewesen und dadurch strafrechtlich relevant. Das Verfahren wurde später nach der Erinnerung des Zeugen eingestellt worden. Gr. konnte sich nicht an Details zur Durchsuchung 2004 erinnern, das Kürzel NSU habe er dort nicht gesehen. Gr.: 2006 wurde Salchow ein Konzert aufgelöst. We. klagte dagegen, gewann und hatte danach "Narrenfreiheit" auf dem Gelände. Die Polizei konnte nur noch von draußen zusehen.

Bei einer Durchsuchung in Salchow war u.a. auch das Bau-Amt anwesend und bemängelte, dass es keine Toilette und keinen Notausgang gab. Daraufhin musste die Konzertscheune schließen. Alexander We. rief im Internet zu Spenden für den Umbau auf. Dies war erfolgreich. Die Abgeordnete Constanze Oehlrich (Bündnis90, die Grünen) sagte, dass We. sich öffentlich für die Spenden bedankt habe: "Dank geht auch an die Chemnitzer". Dazu wurden Namen genannt und auch PC Records. Das Label wurde von Hendrik Lasch gegründet, der Kontakte zum NSU hatte. Oehlrich sagte auch, dass bei der erneuten Durchsuchung in Salchow 2023 eine Teilnahmeurkunde des Kameradschaftsbund Anklam von einem Volleyballturnier in Chemnitz im Jahr 2000 gefunden wurde.

Gr. wurde unter anderem vom Abgeordneten Michael Noetzel (Linksfraktion) dazu befragt, dass für ein Konzert von Blood&Honour am 23. September 2006 in Sachsen die Musikanlage unter anderem von Enrico De. vom Kameradschaftsbund Anklam aus Anklam gebracht wurde. Gr. wusste davon nichts. Zum Konzert gab es ein Verfahren in Dresden wegen Fortführung von Blood&Honour. Auch zu anderen Blood&Honour-Nachfolgeaktivitäten in Mecklenburg-Vorpommern, wie Konzerten oder einem Treffen von B&H-Führungspersonen im März 2002 in Peetsch in der Mecklenburgischen Seenplatte, konnte der Zeuge nichts nennenswertes beitragen.

Der Zeuge berichtete von zwei Gelegenheiten, bei denen er erkennbar als Polizist an rechten Konzerten teilnahm, unter anderem bei einem Pressefest der Deutschen Stimme.

Der zweite Zeuge des Tages, "VS 20", wertete bis 2002 rechte Programme und Magazine für das LfV Mecklenburg-Vorpommern aus, zum Untersuchungsauftrag des Untersuchungsausschusses konnte er allerdings nichts beitragen.